Eine Geschichte aus Hagenbrunn, aus einem Aufsatz meines Vaters und meiner Großmutter… (ca. 1960)
Das Grundstück befindet sich bereits außerhalb von Wien, hinter dem Bisamberg erhebt sich parallel verlaufend ein kleiner Hügelzug, am Fuße desselben liegt unser Garten. Er ist sehr groß und erstreckt sich bis hinauf auf die Höhe des Hügels (früher). Zumeist finden sich in der Umgebung Weingärten, denn es ist ein Südhang und daher sehr geeignet dafür.
Teilweise findet man auch kleine Waldstücke vor, die sich eher mehr am Nordhang des Berges hinstrecken. Auch unser Grundstück war einmal, noch vor 1960 so ein Weingarten gewesen. Der frühere Besitzer konnte ihn wegen seines hohen Alters und Krankheit nicht mehr bearbeiten und daher war er ganz verwildert als meine Eltern das Grundstück kauften. Sie hatten immer den Wunsch einen Garten zu besitzen und sie interessierten sich dafür ein geeignetes Platzerl zu finden.
Nach des Alltags Mühe und Plage wollten sie ein Platzerl zum Ausruhen und Erholen in der freien Natur. Eines Tages war es so weit und sie fanden ein passendes Grundstück – nämlich dieses. Unser aller Freude dafür war sehr groß und wir waren (sind) auch riesig stolz ein Stück Land erworben zu haben. Die viele Arbeit die für uns alle damit begann konnte unsere Freud nicht trüben. Froh und voller Begeisterung gingen wir an die Arbeit.
Als meine Eltern das Grundstück kauften, war es so dicht mit alten verwilderten Wein, Gebüsch und Bäumen bewachsen, dass es beinahe wie ein Urwald aussah. Ein paar Zwetschkenbäume und Nussbäume waren die einzigen Obstbäume, die darauf standen und Früchte trugen. Über den Zustand des Gartens waren wir schon etwas entsetzt. Wir schreckten jedoch nicht davor zurück.
Der Garten steigt ziemlich steil in 2 Terrassen an und je höher man hinauf kommt, um so schöner wird die Aussicht. Den Kahlenberg, Bisamberg und die anderen Berge des nördlichen Wienerwaldes sieht man, sowie die Städte Korneuburg, Klosterneuburg und die Burg Kreuzenstein und noch weiter nach dem nördlichen Niederösterreich.
Es ist wunderschön dort oben am Berg zu stehen und weit hinaus ins Land zu sehen. Rundeherum Gärten, Wiesen und Wald und vor allem die Ruhe, die gute würzige Luft, das alles ist so herrlich. Die Stille ringsherum wirkt so beruhigend und man wird selbst ganz still und zufrieden. Hie und da wird die Stille durch Vogelgesang oder den Ruf des Kuckucks gestört. Außer vielen Vögeln, bevölkern auch allerlei andere Tiere diese Gegend. Auf Schritt und Tritt sieht man Rebhühner, Fasane, Hasen sogar auch Rehe. Besonders im Winter sla Schnee lag, konnten wir die Spuren dieser Tiere genau sehen.
„Zuerst muss Wasser her, denn ohne diesem können wir nichts beginnen…“
Immer wieder wenn wir in unserem Garten stehen, sind wir glücklich, weil es so schön hier ist. – So standen wir also auf unserem Grundstück und beratschlagten, was wir nun am besten beginnen werden, wo wir mit der Arbeit beginnen. Mein Vater sagte: „Zuerst muss Wasser her, denn ohne diesem können wir nichts beginnen…“
Die Frau mit der Wünschelrute
Da tauchten aber auch schon die ersten Schwierigkeiten auf, man erzählte uns, dass es in der Umgebung nirgends Wasser gebe, dass am ganzen Berg keines bis jetzt keines gefunden wurde und dass es sogar im Dorf damit Schwierigkeiten seine. Wir ließen uns aber durch diese abschreckenden Erzählungen nicht einschüchtern. Wir hörten von einer Frau, die Wünschelrutengängerin sein sollte und suchten diese auf. Wir baten sie, mit uns zu kommen. Ich hörte da, im Zusammenhang mit diesen Sachen allerlei Interessantes und war sehr neugierig auf diese Frau. Ich stellte sie mir ähnlich wie einer alten Hexe vor, wie eine Zaubrerin, so wie es in den Märchenbüchern steht. Ich mußte meine Vorstellung ändern als ich sah, dass sie eine ganz normale Frau war. Sie kam also mit uns in den Garten, um uns, mittels ihrer „magischen Kräfte“ mit der Wünschelrute zu sagen, ob wir Wasser finden können oder nicht. Als wir sie abholten, nahm sie sich als sie am Weg vor einem Weidenbaum vorbeikam, ein paar Ästchen herunter. Neugiereig verfolgte ich alles was sie nun tat. Als wir auf unserem Grund angelangt waren, nahm sie ihre Ästchen und bat uns sie alleine über das Grundstück gehen zu lassen. Ich schaute ihr von weitem zu, aber ich konnte nichts besonderes an ihem Gehabe feststellen.
Eine Weile ging sie hin und her, bis sie uns dann zu sich rief und erklärte, dass sie den Lauf einer Quelle gefunden habe. Sie weihte uns in ihr Geheimnis ein. Es war gar nichts so besonderes, als wir uns es vorgestellt hatten. Sie nahm das Weidenästchen, hielt es ganz ruhig mit der Spitze nach oben, kam sie an die Stelle des unterirdischen Wassers, schnellte die Spitze des Ästchens nach unten und so konnte man wirklich den Weg der Quelle verfolgen. Da ich so neugierig war, herzählte sie mir einige aus ihrem Leben, wie sie aufmerksam wurde auf ihre Begabung und ihre Kräfte verspürte. Sie nahm mich bei der Hand, gab mir ein Ästchen in die andere Hand und dann gingen wir zusammen den Lauf des Wassers nach. Da spürte auch ich, wie es den Ast ganz stark nach unten zog. Ein ganz eigenartiges Gefühl beschlich mich dabei. Ließ die Frau meine Hand aus, rührte sich der das Ästchen nicht wieder. Die Frau war nach ihrem Hin- und Hergehen ganz erschöpft und müde. Sie sagte uns aber, dass wir ganz sicher Wasser finden werden und zeigte uns auch eine Stelle an, wo es am besten wäre zu graben.
Am nächsten Wochenende begannen wir mit der Arbeit des Brunnengrabens. Vielleicht hätten wir es damit bleiben lassen, wenn wir gewusst hätten, wie schwierig das werden sollte. Wir gruben also ein große Loch, mit ca. 80 cm Durchmesser, das Erdreich häufte sich daneben zu einem großen Berg an. Als wir ca. 1,5 m tief gekommen waren, stießen wir auf einen Stein. Mühselig versuchten wir diesen zu heben, aber vergeblich. Guter Rat schien teuer, aber wir ließen uns nicht verdrießen und setzten unsere Arbeit weiter fort. Mein Vater lieh sich von seinem Geschäft einen Kompressor aus, alle Verwandten und Bekannten wurden gebeten uns zu helfen – und so rückten wir dann mit Presslufthammer und Bohrer an. Aber oh Schreck, wir bohrten und bohrten, ein Berg von Steine türmte sich schon auf unserem Grundstück, der Stein nahm aber kein Ende.
Mergelstein und Quarz, wir müssen Sprengen
Ganz langsam ging die Arbeit vor sich und es kostete viel Mühe und Plage, höchstens 80-90 cm tief wurde an einem Tag gebohrt. Auch ich musste fleißig mithelfen. Zum Heraufholen der Steine wurde ein Kran zusammengestellt und da musste ich fest das Seil halten und den Kübel mit den Steinen heraufheben und leer wieder hinunterlassen. Gar oft schwitzte ich bei der Arbeit. Lauter Steine, nichts als Steine gab es, wir träumten schon alle davon und waren ganz verzweifelt. Kein bisschen Wasser ließ sich blicken. Der Stein war sehr hart, Mergelstein, hie und da waren Schichten von Quarz eingebettet. Lag das Gestein längere Zeit an der Luft, verwitterte er sehr rasch und zerbröckelte.
Über eine Woche lang hatten wir schon gegraben und gebohrt und waren erst 9 m tief gekommen. Je tiefer wir kamen umso langsamer ging die Arbeit voran. Aber jetzt fanden wir vereinzelt feuchtes Gestein und schöpften wieder neue Hoffnung. Der Bekannte der uns den Kompressor lieh und selbst ein Geschäft für Erdarbeiten hatte, stand uns mit Rat und Tat bei. Er riet uns eine Sprengung vorzunehmen. Alles wurde dafür hergerichtet, gesichert und geschützt, bis es so weit war. Meine Mutter und ich liefen ganz weit weg, dann auf einmal spürten wir wie der Boden unter unseren Füßen zitterte und hörten ein dumpfes Dröhnen – dann Stille, kein Blatt bewegte sich, kein Vogel zwitscherte. Nun ging die Arbeit wieder weiter, Steine und Steine holten wir aus dem Loch heraus, aber wieder kam kein Wasser. Nun waren wir ganz verzweifelt und sahen als letzten Ausweg, die Frau mit der Wünschelrute nochmals zu holen. Wir ließen sie mit dem Eimer hinunter in das Brunnenloch, sie beteuerte uns wieder, dass wir bestimmt auf einer starken Quelle wären. Also gruben und bohrten wir weiter, 12m, 13m tief. Die Arbeit war schwer und alle nur verfügbaren Hände mussten mit anpacken. Endlich, bei einer Tiefe von 13,75 m wurde das Erdreich nass und je weiter wir bohrten je feuchter wurde es, bis wir endgültig an die Quelle kamen und das Wasser floss.
Wir lernten zu schätzen wie wichtig und kostbar Wasser ist…
Unsere Freude natürlich riesengroß darüber und wir waren sehr glücklich, da diw viele Arbeit doch nicht umsonst war. Jetzt lernten wir es aber zu schätzen, wie kostbar Wasser ist und wie notwendig. Bis auf eine Tiefe von 14,5m gruben wir noch weiter, zwischendurch ließen wir große Betonringe in den Brunnen hinunter. Zusätzlich sind an der Innenseite der Ringe Eisenstücke angebracht, sodass man leicht hinunter und hinauf klettern kann. Auch die Brunnenrohre und Pumpe montierten wir und mussten Wasser schöpfen, da das Wasser so stark nachkam und es kaum möglich war noch tiefer zu bohren – wir kamen mit dem Schöpfen kaum nach und vom Grundstück weg suchte sich das Wasser einen Weg und floss weit hinunter bis zur Straße. Die Leute im Dorf unten waren ganz erstaunt als sie das Wasser sahen, denn niemand glaubte daran, dass wir je auf Wasser stoßen würden. Unser Wasser ist ganz klar, rein und frisch, da es direkt aus dem Felsen kommt. Es schmeckt sehr gut und wir sind nicht nur froh darüber sondern auch stolz.
Trotzdem wir schon so viel gearbeitet hatten konnten wir unsere Hände nicht in den Schoß legen, sondern es hieß fleißig weiterarbeiten. Die Wildnis am Grundstück wartete gerodet zu werden. Mit unseren bescheidenen Kräften kamen wir da gar nicht aus. Wir mussten uns für ein paar Stunden einen Caterpiller mieten. Ich sah interessiert dabei zu, wie er mit seinen massigen Rädern und Schaufeln mit einer Leichtigkeit die Bäume und Sträucher umlegte, wie er das Erdreich aufwühlte, von einer Seite zur anderen Seite schob und dann wieder alles planierte. Es dauerte nicht lange und die Arbeit war vollbracht, wo Menschenhände viel Zeit dafür gebraucht hätten. Ein Wunder der Technik zum Nutzen der Menschen. Aber wie verändert sah nun unser Grundstück aus. Es gefiel uns gleich gar nicht mehr, nichts Grünes war mehr zu sehen, nur braune Erde. Es hieß nun – das Grundstück wieder zu begrünen – damit es wieder ein grüner blühender Garten wird.
Von der Straße weg führt ein breiter Feldweg zu unserem Garten. Dieser war recht schlecht von den Traktoren ausgefahren. Da wollten wir etwas tun, damit er ein wenig besser werde. Die vielen Steine aus unserem Brunnen fanden gute Verwendungsmöglichkeiten. Da gab es für mich eine Menge zu arbeiten. Ich musste die Steine zerkleinern und dann mit der Scheibtruhe die großen Löcher im Weg zuschütten. Unzählige Scheibtruhen leerte ich auf den Weg – und oft schwitzte ich bei der Arbeit. Als ich aber sah wie nett und ordentlich der Weg wurde, hatte ich auch meine Freude daran. Alle Leute und auch mein Vater waren sehr froh darüber, dass der WEg nun viel besser war. Auch im nächsten Jahr habe ich einige Stellen des Weges die noch schlecht waren mit Erdreich und Steinen ausgebessert. Mit meiner Arbeit habe ich mir großes Lob verdient und darüber freue ich mich sehr.
Lange Zeit überlegten meine Eltern, was wir mit unserem Garten beginnen sollten. Zuletzt entschlossen sie sich, dann größten Teil des Grundes mit kleinen Nadel und Laubbäumen zu bepflanzen. 1400 verschiedene Pflanzen besorgten wir uns, Ahorn, Eichen, Lärchen, Fichten und Föhren. Eine Menge Arbeit kostet dieses Einpflanzen und wann vielen Wochenenden mussten wir dies tun. Ich selbst musste mit einer Holzlatte die Abstände von 1m zwischen den Bäumen abzumessen und zu bezeichnen. Mein Vater grub dann mit der Schaufel ein Loch und meine Mutter setzte das Pflänzchen, meist 2-3 jährige ein. Bald standen sie in Reih und Glied da, es war ein schönes Bild. Aber dann mussten die Pflänzchen auch einzugießen. Das war auch eine mühevolle Arbeit. Von unten bis weit hinauf auf den steilen Hängen musste ich Eimer um Eimer das Wasser schleppen. Gott sei Dank kam ein paar Tage nach dem Gießen eine Periode Regenwetter, was so wichtig für die kleinen Bäumen und Pflänzchen war. Schon nach ei paar Wochen sah man, wie wohl sich die Pflänzchen fühlten und wie gut sie gedeihten. Wir freuten uns sehr, als wir sahen, dass die Ahorn und Eichen Blätter bekamen. Bei den Nadelbäumen ging es nicht so rasch.
Als es im Sommer so heiß war und die Sonne auf die Bäume hinbrannte fürchteten wir schon, dass sie nicht gedeihen würden. Wir schleppten wieder viele Eimer Wasser und gossen immer wieder. Etwas später begannen dann auch die Nadelbäume sich zu erholen, wuchsen und standen schön grün und aufrecht da. Einige Pflanzen, 100 werden es bestimmt sein, haben eingebüßt. Sehr viele sind darunter die von den Tieren im Winter angefressen wurde. Im Herbst sollen die ausgefallenen Pflanzen durch neue ersetzt werden.
Es kam ein langer Winter und wir konnten lange Zeit nichts im Garten tun. Aber seit das Wetter wieder schön war, waren wir wieder fleißig an der Arbeit. Mit unseren Bäumchen haben wir große Freude, sie gedeihen gut und beginnen wieder grünen. An vergangenen Wochenenden haben wir das verdorrte Unkraut und Gras zusammengetragen auf einen großen Stoß und dann verbrannt. Das hat ein großes Feuer gegeben, besonders wenn ein Windstoß hineinfuhr wurden die Flammen ganz hoch. Ich hatte die Aufsicht über das Feuer und musste schauen, dass es sich nicht ausbreitete. Ich war mit einer großen Schaufel bewaffnet und ich machte meine Sache ordentlich.
Allerlei Arbeit stand uns weiter bevor
Allerlei Arbeit stand uns bevor, die jetzt baldigst gemacht werden musste, vor allem mussten die Pflänzchen betreut werden, damit sie weiterhin gut gedeihen. Später setzten wir noch einige Obstbäume wie Apfel-, Marillen- und Nussbäume – auch Ribiselsträuche wurden eingesetzt – vor allem entlang des Gartens setzten wir Sträucher die nicht zur Zierde, sondern auch den Zweck ein lebender Zaun zu sein, erfüllen sollte. Im Herbst wurden dann noch einige Blumenzwiebel eingesetzt und später standen die schönen Blumen da.
Aus meiner Schilderung ist erkennbar, wie viel Arbeit so ein Garten kostet, sie hört eigentlich nie auf, im Frühjahr beginnt sie und erst bevor der Winter kommt hört sie auf. Jedes Jahr ist die Arbeit wieder zu machen, aber sie wird nicht umsonst getan. Wenn alles grünt und blüht im Garten, wenn man schöne gute Früchte ernten kann, das ist der schönste Lohn für die viele Arbeit.
Meine Eltern und ich haben viel Freude an unserem Garten und die Arbeit macht mir trotz allem viel Spaß. An jedem Wochenende freuen freue ich mich auf Neue in den Garten fahren zu können.